Soll das Marketing-Budget in einem bestimmten Kanal erhöht oder reduziert werden? Welche Funktionen brauchen wir? Soll eine Kampagne geschaltet werden oder geht man auf die nächste Messe? Diese und weitere Fragen sind das tägliche Brot für Unternehmer. Es geht um Entscheidungen, und zwar die richtigen. Wer das nicht nach Bauchgefühl machen möchte, der ist auf fundierte Zahlen angewiesen. Und genau hier ist eine der größten Schwachstellen in so vielen Unternehmen. Es wird nicht ausreichend gemessen und zu wenig nach harten Zahlen entschieden.
Um diesem Thema ein wenig Wind in die Segel zu geben, möchte ich in diesem Beitrag auf die wichtigsten Voraussetzungen, Kennzahlen und Tools eingehen, mit deren Hilfe das Wachstum eines Startups kalkulierbar und messbar wird. Der Beitrag ist für jeden Unternehmer, der bereits wenige Euro für Online Marketing ausgibt und sich davon einen Return erwartet.
Es mag sein, dass dich dein Bauchgefühl schon weit gebracht hat, und dieses Gefühl wird auch ein treuer Begleiter bleiben. Wenn du jedoch wachsen möchtest und vielleicht irgendwann einen Investor überzeugen willst, dann kommst du um harte Zahlen nicht herum.
Unternehmerische Entscheidungen erfordern Zahlen! Nicht irgendwelche, sondern die richtigen: die Key Performance Indicators (KPI), oder zu Deutsch die Leistungskennzahlen.
Bevor irgendetwas analysiert werden kann, gilt es, eine Grundlage zu schaffen. Die richtigen Zahlen müssen gemessen werden. Dafür stehen im Netz bereits einige einfache, aber für den Anfang ausreichende Tools zur Verfügung, die du schnell und unkompliziert nutzen kannst:
Es ist also keine Hexenkunst, alles messbar zu machen. Was gemessen wird, kann dann auch analysiert werden.
Alle gemessenen Daten bringen natürlich erst dann etwas, wenn sie entsprechend ausgewertet werden. Auch dazu gibt es eine Vielzahl verschiedener Tools, derer du dich bedienen kannst.
Was man braucht, ist ein KPI Dashboard mit deinen wichtigsten Zahlen. Ein schneller, regelmäßiger Blick darauf ist die perfekte Entscheidungsgrundlage für das täglich Tun. Es muss nicht zwingend ein vollständiges Dashboard mit allen Zahlen im Unternehmen sein, sondern kann z.B. nach fachlicher Disziplin unterschieden werden. Das Produkt-Team interessieren Performance und Nutzungszahlen, das Finanzteam interessieren Kontostände und Ausgaben, und das Marketing-Team interessierte Conversion Rate und Customer Acquisition Costs (CAC).
Was mein täglich Brot ist, kann auch dein täglich Brot sein. Ich habe ein Marketing KPI Dashboard gebaut, mit dem du deine Marketing KPI im Blick hast.
Hier kannst du die Vorlage als Google Spreadsheet anschauen und für deine Zwecke kopieren.
In die blauen Felder trägst du deine Kennzahlen ein. Die Tabelle errechnet dann die KPI-Werte automatisch anhand deiner Eingaben.
Es gibt Zahlen wie z.B. Umsatz oder Anmeldungen, die man selbst ermitteln muss, und andere wie CAC und CPL, die daraus errechnet werden.
Wichtig: Liquidität (aka Geld auf dem Konto) und Performance-KPI sollten unbedingt unabhängig voneinander betrachtet werden. Wenn du z.B. einen Kunden günstig akquirieren kannst – was deine Performance steigert – musst du ggf. Geld aus den vorhandenen liquiden Mitteln vorstrecken, um die Akquise bezahlen zu können. Beispielsweise kostet dich ein Kunde laut Facebook 100€. Bis der Kunde Umsatz macht, können jedoch einige Tage vergehen (z.B. wenn deine Software einen kostenfreien Testzeitraum beinhaltet). Noch viel mehr Zeit kann vergehen, bis das Geld dann tatsächlich auf einem Konto landet (z.B. weil der Payment Service es nur 1x pro Monat auszahlt).
Die kommenden Zahlen sind Performance-Kennzahlen und helfen, eine Marketing-Aktivität zu bewerten. Sie sagen aber nicht, ob du dir aktuell eine Kampagne leisten kannst.
Ausgaben & Kosten
Wie hoch sind die tatsächlichen Kosten, die pro Aktion anfallen? An dieser Stelle betrachten wir nicht den Rechnungsbetrag, sondern den Wert, der für die Aktion wirklich aufwandsrelevant wird. Ein Beispiel: Ein Kunde über ein Affiliate Netzwerk kostet dich 10€ zzgl. 30% Provision für das Affiliate Netzwerk. Kosten: 13€
Netto-Umsatz
Welcher Netto-Umsatz konnte durch die neu gewonnenen Kunden im jeweiligen Monat generiert werden? Der Netto-Umsatz ist der Rechnungsbetrag abzuglich der Mehrwertsteuer. In einer KPI Performance Rechnung sollte immer der Netto-Umsatz verwendet werden.
Leads
Ein Lead ist ein potenzieller neuer Kunde. Hierzu zählen beispielsweise Nutzer, die sich für einen Testzeitraum oder einen Newsletter angemeldet haben, oder zu denen ein relevanter Telefonkontakt bestand, aus denen später ein Sale entstehen kann. Ein Lead kann aber auch einfach nur ein Nutzer auf deiner Website sein. Eine allgemeine Definition gibt es nicht. Wichtig ist, dass du in deinem Reporting konsistent bleibst.
Sales
Die nackte Wahrheit: Wie viele zahlende Kunden sind tatsächlich durch die Ausgaben gewonnen worden?
Cost per Lead (CPL)
Was hat ein Lead tatsächlich gekostet?
Cost per Sale (CPS)
Was hat ein Sale tatsächlich gekostet?
Time to Recover (TTR)
Die TTR beschreibt die Zeitspanne, die benötigt wird, damit sich die CAC für einen Kunden wieder amortisieren. Diese KPI ist nur bei Geschäftsmodellen relevant, in der sich der Umsatz erst über eine gewissen Zeit ergibt und wiederkehrend abgerechnet wird. Das können z.B. künftige Verkäufe oder monatliche Gebühren sein. Bei Einmalkäufen ist es daher umso wichtiger, dass der Umsatz höher ist, als die CAC. Ansonsten würde man mehr ausgeben als man einnimmt (kann sich zeitweise in Fällen mit erwartetem exponentiellen Wachstum lohnen). Die TTR sollte bei Einmalkäufen ansonsten unter 1 liegen. Im Software-as-a-Service Markt spricht man von einer gesunden Größenordnung bei zwischen 6 und 12 Monaten.
Manntage (MT)
Die eigene Arbeitszeit wird selten berücksichtigt, ist aber für die Bewertung des Erfolges einer Marketingaktivität wichtig. Gehälter werden i.d.R. unabhängig vom Erfolg gezahlt und die Arbeitszeit so oder so verbraucht. Die Kennzahl soll jedoch helfen zu reflektieren, ob ein Kanal „von alleine läuft“ oder ob er betreuungsintensiv ist.
Beispiel: Ein Kunde ist über den Kanal „Facebook Ads“ in den CPL und CPS günstiger als in anderen Kanälen. Allerdings wird für diesen Kanal ein Mitarbeiter für 3 Tage pro Woche benötigt, um Anzeigen zu erstellen und zu schalten. Ist dieser Kanal unter Berücksichtigung der aufgewendeten Manntage wirklich noch so attraktiv? Hängt natürlich vom Umsatz ab, aber macht auch deutlich, dass die Zeit mit berücksichtigt werden muss.
Marketer unterscheiden zwischen Kanälen und Kampagnen. Ein Kanal sind z.B. Facebook Ads. Egal, ob ich diese zu Ostern oder zu Weihnachten einsetze bzw. an Neukunden interessiert bin oder Remarketing betreibe… Es geht immer über Facebook Ads, einem Kanal.
Eine Kampagne beschreibt hingegen die inhaltliche Gestaltung und hat meist Projektcharakter, also ein Anfang und ein Ende. Beispiel: „20% Rabatt bis 31.03.“ – so eine Kampagne kann in mehreren Kanäle verwendet werden, bei Facebook Ads, bei Google Adwords, in einem Newsletter, oder in einem Vortrag. Ist die Kampagne vorbei, kann der Kanal für die nächste Kampagne genutzt werden.
Ich fange mit einer sehr globalen Beschreibung an. Ins Detail kann man immer noch gehen.
Organisch
„Organische Zugriffe“ werden nicht bezahlt und kommen z.B. durch SEO Erfolge zustande. Langfristig ein Muss für alle Online-Marketer, weil die Leads hier sehr günstig (quasi kostenlos) gewonnen werden. Für kurzfristige Erfolge eignet sich der Kanal weniger, weil der Aufbau sehr lange dauert.
Performance
„Performance Zugriffe“ sind bezahlte Zugriffe. Man bezahlt z.B. pro Klick und bekommt direkt ein Ergebnis (einen Besucher auf die Seite). Performance-Kanäle sind für kurzfristige Tests super, kosten aber Geld. In den meisten Fällen müssen Performance-Aktivitäten betreut werden und kosten Zeit (MT). Eine Facebook-Werbeanzeige nutzt sich z.B. irgendwann ab und muss erneuert werden, weil die CTR (Click-Through-Rate) abfällt. Das ist auch der Grund, warum wir in unserem Umfeld (ob auf der Straße oder im TV) immer wieder neue Kampagnen sehen.
Branding
Als „Branding“ wird gerne alles bezeichnet, was die Marke stärkt, aber nicht direkt messbare Kunden erzeugt. Nicht unwichtig, aber eben schwer zu bewerten. Beispiele sind ein Sponsoring bei einem Event oder eine Ausgabe für ein T-Shirt mit deinem Logo auf der Brust. Wie wertvoll aber ein starkes Branding sein kann, zeigen Firmen wie Coca Cola, Apple, Kellogs und Co.
Sonstiges
Sonstige Kanäle sind oft nicht messbare Kanäle. Nicht alle Kunden können gemessen werden – denn manchmal sind ihre Wege von Interessenten zum Käufer unergründlich. Um diesen Bereich zu verringern, stellen viele Unternehmen ihren Kunden Fragen wie „Woher kennen sie uns?“ in klassischen Umfragen. In einem durchschnittlichen Unternehmen im Online Bereich schätze ich die Zahl der Kunden aus nicht gemessenen Kanälen auf 70%-90%.
Das KPI Dashboard (in Google Spreadsheets) ermöglicht – ähnlich wie in einer Bilanz – zwei Sichten. Die Kanal-Sicht und die Kampagnen-Sicht. Die Summe beider Seiten sollten am Ende gleich sein.
In Unternehmen mit skalierenden Geschäftsmodellen und wiederkehrenden Umsätzen (z.B. SaaS) gibt es speziellere KPI, die auch für kleine Unternehmen durchaus Sinn machen. Ich finde es ist egal, ob ein Unternehmen per Bootstrapping oder Venture Capital finanziert wurde.
KPI sollen in erster Linie dazu dienen, den Fortschritt und den Unternehmenserfolg zu beurteilen. Dabei können die KPI für jedes Unternehmen anders aussehen.
Für das Subscription Billing Business gibt es bspw. besondere KPI, wie das MRR (Monthly Recurring Revenue) oder die Churn-Rate (Kündigungsrate). Für diesen Anwendungsfall hat Christoph Janz von Point Nine Capital ein umfangreiches und übersichtliches KPI Dashboard als Excel Vorlage zur Verfügung gestellt, das du hier herunterladen kannst.
Es sieht so einfach aus. Man gibt ein paar Zahlen ein (oben) und bekommt schöne Grafiken (unten).
Viel Spass beim messen und auswerten!
Ergänzend dazu: klassischerweise unterteilt man in der Mediaplanung zwischen Branding- und Performance-Kampagnen. Der Unterschied ist das Ziel: Branding-Kampagnen sagen "Hallo, hier bin ich" und sind insbesondere für ein Produktlaunch geeignet (z.B. neues Auto-Modell, neuer Film). Auch eine Image-Kampagne zur nachhaltigen Verbesserung des Markenimage wäre Teil einer Image-Kampagne. KPI-technisch stehen hier Anzahl der Kontakte und Reichweite im Vordergrund. Idealerweise begleitet man eine Brandingkampagne mit einer Marktforschung, um die Bekanntheit oder Einstellung zu Marke vorher und nachher zu messen. Auch die Suchanfragen auf Google & Co sind ein wichtiger Indikator für den Erfolg einer Brandingkampagne (deswegen: SEO!)
Wie du richtig schreibst, ist der Erfolg einer Performance-Kampagne (idealerweise) immer direkt messbar. Sprich: ich gebe X Euro aus und bekomme dafür Y zurück. Ein wichtiger KPI wäre daher Return on Advertising Spend (ROAS).
Cheers!
tomasherzberger.net
Was denkst du?